Mittwoch, 2. Mai 2012

Leider hat ein Blitzeinschlag den Akku meines Laptops zerlegt. Daher kann ich ihn nur noch benutzen, wenn dann konstanter Strom vorhanden ist. Ich werde weiterhin versuchen diesen Blog immer auf den neuesten Stand zu halten, was jedoch einige Anläufe benötigen könnte und auch Bilder kann ich nicht mehr so viele hoch laden.

Die Situation

Zur zeit gibt es nicht so viel neues zur Arbeit und dem Leben hier zu sagen. Das liegt daran, dass die von der Regierung als Terroristen eigestufte Gruppe der Maoisten, oder auch Naxaliten genannt, in der letzten Zeit sehr aktiv wurde. Nun ist Ausländern die Einreise in unseren Distrikt untersagt und es werden keine Visa mehr für den Staat Orissa vergeben. Wir dürfen nicht mehr auf die Dörfer und selbst eine Erlaubnis zu bekommen um schnell nach Semiliguda auf den Markt zu fahren oder in die nächst größeren Städte Jeypore und Koraput ist ein größerer Akt.
Vor ein paar Wochen wurden zwei Italiener entführt, mit denen die Frau eines Anführers frei gepresst wurde und gleichzeitig wurde ein Politiker entführt mit dem sie immerhin 13 Kammeraden befreien konnten.
Die Regierung hat extra für die Maoisten, die offiziell die "größte interne sicherheits Gefahr" sind, eine Polizeieinheit gegründet. Diese Einheit heißt Cobra und sie hat die Erlaubnis ohne Rechtfertigung und auf Vermutung zu schießen. Aus Erzählungen und Zeitungsartikeln wird schnell deutlich, dass diese Männer ziemlich viel und schnell vermuten. Es ist sehr schwer abzusehen, wie es den Dörfern hier ergehen wird, wenn diese Gruppe in absehbarer Zeit in die Berge vorrückt und die "Operation Green Hunt" beginnt.
Wir müssen nun regelmäßig der Polizei bestätigen, dass wir uns noch auf dem Campus befinden. Außerdem wurde uns von oberster Stelle angeboten Personenschutz zu schicken, falls wir mal den Campus verlassen möchten, was wir jedoch dankend ablehnten.

Ich hoffe sehr, dass sich niemand unnötig sorgen macht. So ein Text hört sich wahrscheinlich schlimmer an, als es letztendlich ist. Wir fühlen uns hier sehr sicher und mir persönlich macht die stark ansteigende Temperatur mehr zu schaffen als die Situation.  

Sonntag, 25. März 2012

Die große Reise

Vom 30.1.12 bis zum 16.3.12 waren wir (Freddy, Mimi, Lena eine Freundin von Freddy und ich) auf unserer Rundreise durch Indien. Es fing an in Varanasi, ging dann weiter über Delhi nach Agra, weiter in die Wüste nach Rajastan, die Küste runter mit einem kleinen Zwischenstopp in den Bollywood Filmstudios nach Goa, gen Osten zum Zwischenseminar nach Chennai und dann über Pondicherry und einem Besuch bei befreundeten Sudenten in Bangalore zurück nach Semiliguda. In der nächsten Zeit wird ein Text nach dem anderen kommen, der die Reiseziele etwas vorstellt.

Varanasi

Unser erster Halt war Varanasi, eine der ältesten Städten Indiens und die wahrscheinlich heiligste, da der hinduistische Gott Shiva sie gegründet haben soll vor einigen tausend Jahren. Einige sagen sogar es sei die älteste noch bewohnte Stadt der Welt. Das für mich besondere an Varanasi sind die Ghats  am Ganges. Die ganze Stadt entlang führen Stufen zum Fluss. Dort werden Pujas (Verehrungen) abgehalten, es wird sich und Kleidung gewaschen und natürlich wird die Asche der verstorbenen Hindus in den Flussverteilt. So ziemlich jeder größere Gott und Teilgruppe des Hinduismus hat ihren eigenen Ghat.
Unser Hotel war direkt am Fluss und man hatte einen tollen Blick von der Dachterrasse. Gerade bei Nacht waren die Lichter am Ganges wunderschön. Varanasi wird auch „City of Lights“ genannt.
Uns ist aufgefallen, dass recht wenig „normale“ Touristen in der Stadt zu finden waren. Die Mehrheit kommt als „Suchende“ nach Varanasi, um sich spirituell zu öffnen, einen Sinn zu suchen oder einfach nur mit einem der vielen Sadhus während einer Chillum Lebensweisheiten auszutauschen. Einen fand ich dabei besonders interessant. Der Mann war ein aus Surinam stammender Holländer und wollte sich in Varanasi auf ein Jahr schweigen vorbereiten. Wie haben ihn auf den Straßen immer wieder zufällig getroffen und nett unterhalten.
An einem der Tage wollten wir uns die Banaras Hindustan University anschauen. Auf dem Campus nahm uns eine der Schülerinnen einfach spontan mit zu ihrer Fakultät, der Faculty of Performing Arts. Dort durften wir uns eine Musikstunde anhören, bei der drei Studenten zu Tabla und Sitar sangen. Einer dieser Studenten erzählte uns, dass er jeden Abend beim Aarti singt. Aarti ist Teil eines Puja, wobei eine Zeremonie mit Feuer abgehalten wird. Dieses Aarti findet all abendlich zu Ehren des Ganges statt. 

Boote am Ganges

Blick vom Hoteldach

Die Ghats


Delhi

Von Varanasi ging es mit dem Zug direkt nach Delhi. Leider konnte ich von dieser Stadt nicht ganz so viel sehen, da ich einen großen Teil der Zeit kränklich auf dem Hotel lag.
Allerdings konnte ich mich noch zu einigen Sehenswürdigkeiten schleppen, wie zum Beispiel dem Lotustempel. Dieser Tempel ist für alle Religionen der Welt geöffnet. Die Innenarchitektur ist sehr einfach und einfarbig hell gehalten und um den Tempel herum befindet sich ein sehr schöner Blumengarten.
Vom Tempel ging es in die Stadt zum Connaught Place. Dieser Platz ist ein großer Kreisel, um den herum unter einer Galerie Geschäfte, Restaurants und ein oder zwei Clubs sind. Das ganze sieht ungefähr so aus wie die Alsterarkaden in Hamburg, nur wesentlich größer. Dort waren wir dann das erste Mal in Indien in einem McDonalds. Hier gibt es aus Rücksicht auf die Hindus nur vegetarische und Chicken Burger. Außerdem ist der Laden hier etwas für die gehobene Mittelschicht und Oberschicht. Es ist umgerechnet fast genauso teuer wie in Deutschland, was bedeutet dass es etwa doppelt bis drei Mal so teuer ist wie ein normales Restaurant hier.
New Delhi ist eine Stadt, wie wir sie in Indien vorher noch nicht gesehen hatten. Die Häuser sind noch recht neu und modern und die Straßen großzügig breit. Außerdem ist alles natürlich etwas teurer als in den anderen Städten, abgesehen von Mumbai.
Während ich auf dem Hotel war machten meine Freunde einen kleinen Ausflug nach Alt Delhi, wo es dann wieder normal war, also enge Gassen, chaotischer Verkehr, Straßenstände und ältere Gebäude.
Was uns auch sehr gefiel, war die Metro. Auch wenn ist oft extrem voll war und Polizisten von außen die Menschen in den Wagon drücken mussten, damit sich die Türen schließen konnten. Wir kamen überall gut hin und die Züge waren alle sehr neu mit elektrischen Anzeigen und Haltestellenansagen, was wir vorher auch noch nie hatten.
Wie überall in Delhi gab es auch hier wieder sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen. Frauen und Männer mussten durch getrennte Sicherheitsschleusen mit Metalldetektoren und Hunden, wobei die Männer jedes Mal in einer Schlange warten mussten und die Frauen einfach durch marschieren konnten, weil einfach nicht so viele die Metro benutzen. 
Die ganzen Kontrollen zeigen jedoch nur nach außen hin Sicherheit. Zwei Tage nachdem wir wieder aus Delhi raus waren sahen wir im Fernsehen, dass Anschläge auf israelische Botschaftswagen gegeben hat und auch in der Straße unseres Hotel wurden Bomben gefunden, die jedoch nicht explodierten.         
 
 

Freitag, 6. Januar 2012

Sylvester


Am 27.12. Ging es für uns mit dem Bus nach Chennai. Wir hatten unserem Freund Lenin versprochen ihn in den Ferien zu besuchen und dieses Versprechen haben wir für die Sylvester Party eingelöst. Lenin ist Sozialarbeiter aus Chennai und macht ähnlich wie wir gerade ein Jahr Freiwilligendienst bei WIDA als Teil seiner Ausbildung.
Chennai ist eine der größten Städte, immer heiß und immer voll. Unser größtes Problem war jedoch, dass wir bevor wir los fuhren (wie eigentlich nie) keinen Blick auf den Wetterbericht geworfen haben. Am in der Nacht des 29. traf ein Zyklon auf die Küste des Staates Tamilnadu, dessen Hauptstadt Chennai ist und ab dem 28. fing es ordentlich an zu schütten. Wir hatten jedoch keine Lust die tage im Hotel zu verbringen, zogen uns Badehose, T-Shirt und Flip Flops an und fuhren bzw. schwammen in die Stadt. Die Straßenunterführungen und Gänge zu den Metros standen unter Wasser und die warme Bahn machten die nassen Fahrgäste zur Sauna. Wir machten so gut es ging unser Touristen Programm weiter, was sich dann eher auf die Museen, Häuser von Lenins Freunden und das Kino beschränkte. Somit sahen wir in Chennai unseren ersten Bollywood Film im Kino. Wir wollten unbedingt einen Film mit Shah Rukh Khan sehen und hatten das Glück das gerade sein neuester Film Don 2 im Kino lief. Wir hatten uns auf kitschige Bollywood Lieder und große Gefühle gefreut. Der Film spielte jedoch zu 100% in Berlin und es kam genau ein Lied vor. Ansonsten ist der Film jedoch echt nett zu sehen und ein, hier in Indien, lustiger Mix aus Hindi, Englisch und Deutsch. Uns wurde gesagt, dass er auch in Deutschland laufen würde.
Am 31. Kam dann pünktlich die Sonne raus und wir fuhren an einen Strand ungefähr eine Stunde südlich von Chennai zur Kleinstadt Mamallapuram, deren Tempelbezirk übrigens zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Wir gingen den Strand entlang, um einen Freund von Lenin zu treffen, der in einem kleinen Fischerdorf lebt. Den ganzen Strand entlang lagen umgeknickte Palmen und ein total zerstörtes Spa Gelände, das zu einem Hotel gehörte. Hier sah man die Auswirkungen des Zyklons wesentlich stärker als in der Stadt. In dem Fischerdorf selber war nicht so viel passiert, außer einigen Booten, die geflickt werden mussten, da nach dem Tsunami 2004 sehr viel Aufbauhilfe geleistet wurde und die Stadt Hütten nun feste Steinhäuser dort stehen. Zur Begrüßung wurden uns Kokosnüsse vom Baum geholt, wobei Lenin seine Kletterkünste zeigen konnte und zum Mittagessen hatten wir extrem leckeren Limonenreis mit Jogurt, was bei den Temperaturen hier sehr erfrischend ist.
Abends ging es dann wieder zurück nach Chennai, um dort am Strand dann Sylvester zu feiern.
Die schönste Zeit in Chennai hatte ich jedoch bei der Familie von Lenin, dessen Mutter uns wie ihre eigenen Kinder behandelte und obwohl sie kein Wort Englisch konnte ohne Pause mit uns redete.  Sie macht wirklich die besten Idlis die man in Indien kriegen kann.    

Dienstag, 27. Dezember 2011

Weihnachten in den Bergen

Weihnachten haben wir im Bergdorf Putsil verbracht. Wir wurden von vielen Leuten, wie zum Beispiel unserem Campusgärtner der auch aus Putsil kommt, vorgewarnt, dass wir nicht sehr viel Schlaf finden werden in den Nächten. Genau so kam es dann auch.
Am 24. wurden wir morgens ins Dorf hochgefahren und quartierten uns im dortigen Comunity Center ein. Abends gab es den ersten Gottesdienst bei sehr schönem Kerzenlicht und vielen Liedern.
Nach circa einer Stunde wurde dann alles beiseite geräumt, was sich noch auf dem Dorfplatz befand und die Trommeln rausgeholt. Bis spät in die Nacht oder eher früh in den Morgen wurde Demsa getanzt. Dafür bilden sich eine oder mehrere Gruppen in Reihen. Jeder fasst seinem Vordermann mit der rechten Hand auf die rechte Schulter. Im Rhythmus der Trommeln bewegt sich die Schlange dann vorwärts, wobei der erste der Reihe immer wieder Choreographien tanzt, in die die Gruppe dann sofort mit einsteigt. Dieser Tanz wird hier auf so ziemlich allen Adivasidörfern getanzt, die wir besuchen und nach einiger Zeit bewegen sich die Füße jedes Mal wie von selbst und man nimmt nur noch die Trommeln und die anderen Tänzer wahr.
Als die Trommler nichtmehr konnten wurden die Boxen angemacht und als ich morgens um sechs kurz durch die Kälte aufwachte (hier in den Bergen wird es nachts bis zu 2°C kalt und im Comunity Center war es genau so kalt wie draußen) hörte ich immer noch die Musik aus den Boxen und Stimmen von Jugendlichen.
Am Morgen wuschen wir uns dann mit kaltem erfrischendem Bergwasser wuschen uns die Zähne mit Ästen (Die Menschen holen sich morgens kleine Äste von einem bestimmten Baum, ziehen einen Teil der Rinde ab und kauen einige Zeit auf diesem Ast und viele haben erstaunlich gute Zähne) und warteten am Feuer am Rand des Dorfes auf das Frühstück.
Um 12 Uhr fing der Hauptgottesdienst an. Er ging über vier Stunden und es wurde wieder sehr viel Gesungen und natürlich die Weihnachtsgeschichte erzählt. Am Ende des Gottesdienstes brachten die Frauen Reis, Kokosnüsse und Hühner nach Vorne als  Kollekte.
Sofort wurde wieder alles freigeräumt und die Boxen angeworfen. Zunächst tanzten und hüpften nur die kleineren Kinder über den Platz während die älteren noch schnell etwas aßen und den Rest aufräumten. Dann tanzte wieder das ganze Dorf bis circa sechs Uhr, als einer der Jugendlichen das Mikrophon in die Hand nahm und eine sehr interessante und lustige Auktion begann. Es wurden alle Kokosnüsse versteigert, die vorher zum Altar gebracht wurden und so ziemlich alle haben mitgeboten. Am Ende gingen die Gebote bis zu 100 Rupien hoch (auf dem Markt kostet eine Kokosnuss zurzeit 10 Rupien) und die Stimmung steigerte sich mit jeder Rupie, die geboten wurde.
Als alle Kokosnüsse vergeben waren begann wieder das große Tanzen. Es bildeten sich drei Gruppen, die sich über den Platz schlängelten und es immer wieder geschickt schafften Kollisionen zu vermeiden.
Am nächsten Morgen traf uns dann fast der Schlag als uns gesagt wurde, dass alle Jugendlichen, die mindestens so wenig geschlafen hatten wie wir,  vorhaben eine Partie Cricket zu spielen. Das Cricketfeld von Putsil befindet sich auf einem Plateau über dem Dorf und es dauert ungefähr 20 Minuten zu diesem Feld hoch zu klettern und entsprechend erschöpft kamen Freddy und ich dann auch auf dem Spielfeld an. Das Spiel war im Gegensatz zu den Spielen mit den Kindern vom Campus richtig professionell und ich merkte schnell, dass Cricket doch gar nicht so einfahr ist wie ich bis jetzt dachte. Viele der Jungs spielen in Collegemannschaften und einer wurde sogar zum Testtraining der Auswahl des Bundesstaates Orissa eingeladen.

Für mich hat der Begriff Weihnachten „feiern“  in diesen drei Tagen eine völlig neue Bedeutung bekommen. Es hat wirklich das ganze Dorf drei Tage lang gemeinsam gefeiert. Ein Teil waren natürlich die Gottesdienste und das Tanzen. Ein weiterer Aspekt war jedoch auch, dass am 25. und 26. für das ganze Dorf auf einem Platz am Rand des Dorfes gekocht wurde und über Weihnachten waren immerhin 500 Leute in Putsil. Auch wenn wir zurzeit für die Kindernothilfe die Kinder interviewen sagen bestimmt 95%, dass Weihnachten und nicht etwa der Geburtstag oder andere Feiertage, das ist worauf sie sich am meisten freuen im Jahr und es stimmt, dass ich diese Kinder noch nie so ausgelassen und fröhlich gesehen habe wie während sie zur Musik hüpften und auch ansonsten während der Feiertage.


der Platz wird geschmückt

Gottesdienst bei Kerzenlicht
die Freiluftküche
auf dem Cricketfeld

Putsil vom Cricketfeld

Dienstag, 13. Dezember 2011

Kolkata


Von Bissamcuttack fuhren wir direkt nach Kolkata, einigen vielleicht noch besser als Kalkutta bekannt, zusammen mit Gyde und einem Jungen namens Gabriel, der auch in Bissamcuttack arbeitet und vorher einen Monat in Kolkata gelebt hat. Dort blieben wir vom 2.12. bis zum 5.12.
Für mich ist Kolkata eine Stadt, die zugleich abstößt und anzieht. Ich habe noch nie eine so dreckige Stadt gesehen und gerade dieses Extrem ist nach einer kurzen Gewöhnungsphase auf eine komische Weise interessant. Für die Straßenkinder und die Bewohner der Slums bietet Müll eine kleine Einkunft und schafft somit auf gewisse Weise Arbeitsplätze. Die Bewohner der Stadt müssen sich auch mit dem Dreck abgefunden haben, da sie es sind die den Dreck auf die Straße schmeißen.
Außerdem ist die Stadt extrem voll. Gerade in der engen Altstadt kann man kaum die Straße überqueren und in den engen Gassen nehmen die Stände der Händler fast den gesamten Platz ein. Aber auch damit kommt man mit der Zeit klar und wenn man mal eine kleine Pause von der Hektik auf der Straße braucht bietet Kolkata immer wieder kleine Oasen zum entspannen und sogar Natur genießen.
Zum Beispiel waren wir auf einem alten Friedhof aus der Kolonialzeit mit Gräbern ehemaliger Generäle der East India Trading Company aus dem 17. Jahrhundert. Die alten, großen Gräber waren zwar noch alle sichtbar, aber ansonsten kam man sich durch die Lianen behangenen Bäume vor wie im Dschungelbuch.
Ein zweiter recht interessanter Ort war eine armenische Kirche, die den Opfern des türkisch armenischen Krieges gewidmet war und obwohl wir direkt am Markt in der Altstadt waren war es extrem ruhig auf dem Gelände.
Erstaunlich entspannt war auch unsere Zeit bim Victoria Memorial. Obwohl das eine der Hauptattraktionen ist in Kolkata konnten wir uns wirklich schön auf dem Rasen im Garten ausruhen.
Am Sonntag waren wir dann im deutschen Konsulat zum Adventskaffee trinken. Für uns war es echt nett in Indien deutsche Weihnachtslieder zu singen und Kuchen zu essen, von dem man nicht sofort einen Zuckerschock bekommt.
Ansonsten haben wir noch einige Dinge gesehen und erlebt, über die ich noch ausführlicher separat schreiben werde, wie zum Beispiel unsere Begegnung mit Sadhus, ein Ausflug zum Müllberg von Howrah und natürlich die Zugfahrten. 

Müll auf der Straße


der alte Friedhof

Hof der armenischen Kirche

Victoria Memorial


 
Sadhus

Auf unserem Weg durch Kolkata hatten wir eine sehr interessante Begegnung mit Sadhus. Sadhus sind Hinduisten, die völlig dem weltlichen Leben entsagen. Unsere Sadhus haben in einem kleinen Gebäude direkt am Ghat unter der Howrah Bridge gelebt. Ein Ghat ist eine Treppe zu einem Fluss zum rituellen waschen und die Howrah Bridge ist die meist befahrene Brücke der Welt. Kolkata liegt am Fluss Hugli, der ein Seitenarm des Ganges ist, weshalb ihm auch gewisse heilige Kräfte zugeschrieben werden.
Das Treffen war sehr herzlich. In etwas gebrochenem Englisch haben sie versucht uns ihre Götter zu erklären und außerdem wurde sofort jemand losgeschickt, um uns Chai (Milchtee) zu besorgen. Regelmäßig wurde Gabriel ein Handy gegeben, damit er mit dem Guru der Sadhus reden konnte, der sich natürlich sehr darüber freuen würde auch unser Guru zu werden.
Am Ende haben sie uns noch einige Positionen zum Meditieren gezeigt, die wir jedoch alle nicht nachmachen konnten. Bei einer Position musste man sich im Schneidersitz setzen, die Arme durch die Beine auf den Boden stellen und diese dann durchdrücken, so dass man dann einen Handstand im Schneidersitz macht. Keiner von uns war jedoch gelenkig genug das zu schaffen, auch wenn wir es später noch einige Male versucht haben.
Der einzige unschöne Moment war, als plötzlich ein weiterer Sadhu mit einem Messer bewaffnet auf uns zukam. Als er bei uns ankam, fing er an auf Bengali zu schimpfen und mit dem Messer vor meinem Gesicht zu fuchteln, da ich ihm durch Zufall am nächstem saß. Der Mann musste bei unseren neuen Freunden jedoch schon bekannt gewesen sein, da sie sofort einen ihrer Schüler, der zufällig bei der Armee war, anwiesen den Mann wegzuschieben, was natürlich einem älteren Mann gegenüber extrem respektlos ist. Jedoch blieb ein recht mulmiges Gefühl nach dieser kleinen Messerattacke.
Zum Abschied haben sie uns nach einer kleinen Spende gesegnet, indem uns Asche auf die Stirn gedrückt wurde und wir haben gemerkt, dass sie sich wirklich darüber gefreut haben, dass sie unsere Gastgeber sein durften. Mimi und Gyde mussten sich die Asche jedoch selber auf die Stirn drücken, da diesen Sadhus verboten war Frauen zu berühren.

Der Ghat

 
Ghat von der Brücke

Brücke vom Ghat



Eingang zum Ghat

Sadhu im Handstand

Sadhu
Der Müllberg von Howrah

Den wohl interessantesten und bedrückendsten Ausflug in Kolkata machten wir zum Müllberg von Howrah. Ich kann nicht sagen wie viel Müll dort liegt, von wo der überall her kommt und wie hoch die Berge genau sind aber wenn man davor steht verschlägt es einem den Atem und nicht nur wegen der Luft. Der Hügel ist sicherlich 25-30m hoch und erstreckt sich über bestimmt fünf Fußballfelder oder mehr. Und das schlimmste daran ist, dass er einfach so mitten in der Stadt steht, ohne Zäune oder andere Absperrungen und um den Berg herum bildete sich mit der Zeit ein großer Slum. Wir gingen einige Schritte in den Berg hinein, wo sich eine Straße befand für die Laster, die den Müll auf den Berg fahren und gerade als wir oben ankamen sahen wir wie einer dieser Laster entladen wurde. Kleine Kinder liefen durcheinander und sammelten Plastik auf, das sie weiter verkaufen können und die älteren Jugendlichen standen auf dem Laster um den Müll hinunter zu schaufeln. Zwischen allen diesen Leuten liefen mindestens drei Mal so viele Schweine herum, die mit ihrer Nase den Müll nach Essbarem durchpflügten. Das Auffälligste war jedoch der Rauch der über dem ganzen Berg hing. Zwar waren überall kleine Feuer verteilt auf denen Müll verbrannt wurde, jedoch schien auch der ganze Berg an sich zu qualmen.
Der Grund warum wir nach Howrah fuhren war, dass Gabriel uns zwei Freunde vorstellen wollte, die dort auch freiwilligen Arbeit machen und unteranderem in einer Schule arbeiten, wo Kinder aus diesem Slum unterrichtet werden, um sie von dem Müllberg herunter zu holen. 


Donnerstag, 8. Dezember 2011

Bissamcuttack


Vom 28.11. bis zum 1.12.2011 waren Freddy, Mimi und ich zusammen in der Kleinstadt Bissamcuttack. Dort haben wir unsere Freundin Gyde besucht, die im Christian Hospital Bissamcuttack für drei Monate arbeitet.
Wir haben über die wenigen Tage einen sehr interessanten Einblick in den Alltag im Krankenhaus bekommen und durften bei jedem Arzt mal vorbeigucken.
Beim Kinderarzt waren sehr viele Kinder mit Malaria und oft kam für sie die Behandlung viel zu spät, weil die Eltern erst im letzten Moment zum Arzt gehen oder die Dörfer einfach zu weit weg liegen, um eben mal ins Krankenhaus zu fahren.
Außerdem durften wir uns die Geburtenstation genauer angucken. Dir Kinder haben im Durchschnitt nur etwa 1,5 kg das ist extrem wenig im Vergleich zum deutschen Durchschnitt von etwa 3,5 kg. Das Problem ist, dass die meisten der Mütter noch sehr jung sind und die Mehrzahl der Frauen viel zu wenig Nahrung bekommen während der Schwangerschaft. Viele der Kinder brauchten immer wieder eine Herzmassage und künstliche Beatmung während wir auf der Station wahren, weil sie zu schwach waren um selber zu atmen und das Herz regelmäßig aussetzte.
Für mich persönlich war jedoch die Zeit bei den Chirurgen am interessantesten. Wir durften bei insgesamt fünf Operationen zuschauen. Weil ich beim Anblick der Operationen nicht schwitzend zusammengebrochen bin oder mit Würgereitz den Raum verlassen musste durfte ich bei der letzten OP sogar assistieren und die Wunde aufhalten, während die Chirurgen im Körper zugange waren. Am faszinierendsten war für mich jedoch ein Kaiserschnitt. Es war ein toller Moment, als nach einigen vorsichtigen Schnitten ein schreiendes Baby aus dem Bauch gezogen wurde. Das Kind war erstaunlich groß und sehr gesund und den Schwestern war die Freude und Erleichterung sehr anzusehen.
Die Philosophie des Krankenhauses ist das von den Ärzten so genannte „Robin-Hood-Prinzip“. Sie ködern mit ihren sehr guten Dienstleistungen die Reichen aus der Umgebung, um mit dem eingenommenen Geld dann die armen zu behandeln, die selber einen Krankenhausaufenthalt auf keinen Fall bezahlen könnten. Trotzdem sind sie natürlich auch auf Spenden angewiesen, weshalb sie sehr eng mit dem NMZ zusammenarbeiten.
Auf dem Gelände befindet sich außerdem noch eine erstaunlich gut ausgestattete Schule mit sehr schönen Physik-, Chemie-, Bioräumen und sogar einem Computerraum, wo die Kinder gerade das Umgehen mit Powerpoint gelernt haben, als wir reingeschaut haben.

bereit zum arbeiten

2 Schwestern im OP