Dienstag, 13. Dezember 2011

Kolkata


Von Bissamcuttack fuhren wir direkt nach Kolkata, einigen vielleicht noch besser als Kalkutta bekannt, zusammen mit Gyde und einem Jungen namens Gabriel, der auch in Bissamcuttack arbeitet und vorher einen Monat in Kolkata gelebt hat. Dort blieben wir vom 2.12. bis zum 5.12.
Für mich ist Kolkata eine Stadt, die zugleich abstößt und anzieht. Ich habe noch nie eine so dreckige Stadt gesehen und gerade dieses Extrem ist nach einer kurzen Gewöhnungsphase auf eine komische Weise interessant. Für die Straßenkinder und die Bewohner der Slums bietet Müll eine kleine Einkunft und schafft somit auf gewisse Weise Arbeitsplätze. Die Bewohner der Stadt müssen sich auch mit dem Dreck abgefunden haben, da sie es sind die den Dreck auf die Straße schmeißen.
Außerdem ist die Stadt extrem voll. Gerade in der engen Altstadt kann man kaum die Straße überqueren und in den engen Gassen nehmen die Stände der Händler fast den gesamten Platz ein. Aber auch damit kommt man mit der Zeit klar und wenn man mal eine kleine Pause von der Hektik auf der Straße braucht bietet Kolkata immer wieder kleine Oasen zum entspannen und sogar Natur genießen.
Zum Beispiel waren wir auf einem alten Friedhof aus der Kolonialzeit mit Gräbern ehemaliger Generäle der East India Trading Company aus dem 17. Jahrhundert. Die alten, großen Gräber waren zwar noch alle sichtbar, aber ansonsten kam man sich durch die Lianen behangenen Bäume vor wie im Dschungelbuch.
Ein zweiter recht interessanter Ort war eine armenische Kirche, die den Opfern des türkisch armenischen Krieges gewidmet war und obwohl wir direkt am Markt in der Altstadt waren war es extrem ruhig auf dem Gelände.
Erstaunlich entspannt war auch unsere Zeit bim Victoria Memorial. Obwohl das eine der Hauptattraktionen ist in Kolkata konnten wir uns wirklich schön auf dem Rasen im Garten ausruhen.
Am Sonntag waren wir dann im deutschen Konsulat zum Adventskaffee trinken. Für uns war es echt nett in Indien deutsche Weihnachtslieder zu singen und Kuchen zu essen, von dem man nicht sofort einen Zuckerschock bekommt.
Ansonsten haben wir noch einige Dinge gesehen und erlebt, über die ich noch ausführlicher separat schreiben werde, wie zum Beispiel unsere Begegnung mit Sadhus, ein Ausflug zum Müllberg von Howrah und natürlich die Zugfahrten. 

Müll auf der Straße


der alte Friedhof

Hof der armenischen Kirche

Victoria Memorial


 
Sadhus

Auf unserem Weg durch Kolkata hatten wir eine sehr interessante Begegnung mit Sadhus. Sadhus sind Hinduisten, die völlig dem weltlichen Leben entsagen. Unsere Sadhus haben in einem kleinen Gebäude direkt am Ghat unter der Howrah Bridge gelebt. Ein Ghat ist eine Treppe zu einem Fluss zum rituellen waschen und die Howrah Bridge ist die meist befahrene Brücke der Welt. Kolkata liegt am Fluss Hugli, der ein Seitenarm des Ganges ist, weshalb ihm auch gewisse heilige Kräfte zugeschrieben werden.
Das Treffen war sehr herzlich. In etwas gebrochenem Englisch haben sie versucht uns ihre Götter zu erklären und außerdem wurde sofort jemand losgeschickt, um uns Chai (Milchtee) zu besorgen. Regelmäßig wurde Gabriel ein Handy gegeben, damit er mit dem Guru der Sadhus reden konnte, der sich natürlich sehr darüber freuen würde auch unser Guru zu werden.
Am Ende haben sie uns noch einige Positionen zum Meditieren gezeigt, die wir jedoch alle nicht nachmachen konnten. Bei einer Position musste man sich im Schneidersitz setzen, die Arme durch die Beine auf den Boden stellen und diese dann durchdrücken, so dass man dann einen Handstand im Schneidersitz macht. Keiner von uns war jedoch gelenkig genug das zu schaffen, auch wenn wir es später noch einige Male versucht haben.
Der einzige unschöne Moment war, als plötzlich ein weiterer Sadhu mit einem Messer bewaffnet auf uns zukam. Als er bei uns ankam, fing er an auf Bengali zu schimpfen und mit dem Messer vor meinem Gesicht zu fuchteln, da ich ihm durch Zufall am nächstem saß. Der Mann musste bei unseren neuen Freunden jedoch schon bekannt gewesen sein, da sie sofort einen ihrer Schüler, der zufällig bei der Armee war, anwiesen den Mann wegzuschieben, was natürlich einem älteren Mann gegenüber extrem respektlos ist. Jedoch blieb ein recht mulmiges Gefühl nach dieser kleinen Messerattacke.
Zum Abschied haben sie uns nach einer kleinen Spende gesegnet, indem uns Asche auf die Stirn gedrückt wurde und wir haben gemerkt, dass sie sich wirklich darüber gefreut haben, dass sie unsere Gastgeber sein durften. Mimi und Gyde mussten sich die Asche jedoch selber auf die Stirn drücken, da diesen Sadhus verboten war Frauen zu berühren.

Der Ghat

 
Ghat von der Brücke

Brücke vom Ghat



Eingang zum Ghat

Sadhu im Handstand

Sadhu
Der Müllberg von Howrah

Den wohl interessantesten und bedrückendsten Ausflug in Kolkata machten wir zum Müllberg von Howrah. Ich kann nicht sagen wie viel Müll dort liegt, von wo der überall her kommt und wie hoch die Berge genau sind aber wenn man davor steht verschlägt es einem den Atem und nicht nur wegen der Luft. Der Hügel ist sicherlich 25-30m hoch und erstreckt sich über bestimmt fünf Fußballfelder oder mehr. Und das schlimmste daran ist, dass er einfach so mitten in der Stadt steht, ohne Zäune oder andere Absperrungen und um den Berg herum bildete sich mit der Zeit ein großer Slum. Wir gingen einige Schritte in den Berg hinein, wo sich eine Straße befand für die Laster, die den Müll auf den Berg fahren und gerade als wir oben ankamen sahen wir wie einer dieser Laster entladen wurde. Kleine Kinder liefen durcheinander und sammelten Plastik auf, das sie weiter verkaufen können und die älteren Jugendlichen standen auf dem Laster um den Müll hinunter zu schaufeln. Zwischen allen diesen Leuten liefen mindestens drei Mal so viele Schweine herum, die mit ihrer Nase den Müll nach Essbarem durchpflügten. Das Auffälligste war jedoch der Rauch der über dem ganzen Berg hing. Zwar waren überall kleine Feuer verteilt auf denen Müll verbrannt wurde, jedoch schien auch der ganze Berg an sich zu qualmen.
Der Grund warum wir nach Howrah fuhren war, dass Gabriel uns zwei Freunde vorstellen wollte, die dort auch freiwilligen Arbeit machen und unteranderem in einer Schule arbeiten, wo Kinder aus diesem Slum unterrichtet werden, um sie von dem Müllberg herunter zu holen. 


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