Montag, 3. Oktober 2011

Gottesdienst und Elefanten


Am 3.10.11 haben wir drei zum ersten Mal einen indischen Gottesdienst besucht und man kann nicht sagen, dass es in irgendeiner Weise mit deutschen Gottesdiensten zu vergleichen ist. Wir wurden vom Pastor Dinesh auf sein Dorf Letiguda eingeladen. Wir hatten ihn schon in Hamburg kennengelernt, da er ein sehr guter Freund unseres Oriyalehrers ist und kurz bevor wir nach Indien fuhren in Hamburg einen Sprachkurs besuchte. Kurz nachdem wir dann hier waren besuchte er uns hier auf dem Campus und lud uns zu sich ein.
Insgesamt waren wir 4 Stunden in der Kirche, haben nicht wirklich viel verstanden und trotzdem war mir überhaupt nicht langweilig. Teilweise war die Stimmung in der Kirche mit einem überdurchschnittlich guten Rockkonzert vergleichbar. Die Jugendlichen des Dorfes hatten Tanzchoreographien einstudiert zu ihren Liedern und wurden von einem wirklich guten Schlagzeuger begleitet, während die ganze Kirche mit klatschte. Am Anfang wurden wir als Gäste vorgestellt und von einigen wichtigen Leuten begrüßt. Die Predigt war eine sehr interessante Mischung aus spirituellen und praktischen Ratschlägen und wir hatten das große Glück, dass einige Jugendliche in der Lage waren uns ein bisschen was aus Oriya in Englisch zu übersetzen. Zum Beispiel gab Dinesh eine Anleitung, wie man am besten mit Elefanten umgeht, die zurzeit ein großes Problem sind in Letiguda, worüber gleich ein bisschen was kommt. Zum Abendmahl jeder einzeln nach vorne gebeten. Am Ende gab jeder etwas in die Kollekte für die Kirche. Diese Spende reichte von Beuteln mit Reis über Geld bis hin zu Hühnern, die zum Altar gebracht wurden. Zwischendurch hatten wir uns schon gewundert, warum jemand ein Huhn mit in die Kirche gebracht hat, welches erstaunlich ruhig blieb. Anscheinend werden teilweise sogar Ziegen und Kühe mitgebracht. Jeder Vorne am Altar war schüttelt dem Pastor, dem Dorfvorsitzenden und dem Schatzmeister die Hand, um sich dann hinter diese in eine Schlange aufzustellen. So hat am Ende jeder der 300 Besucher jedem anderen die Hand geschüttelt. Viele Mädchen und einige Frauen berührten als Zeichen des Respekts den älteren Männern uns als Gästen die Füße nachdem sie uns die Hand geschüttelt hatten.
Nach dem Gottesdienst wurden wir von Dinesh zum Essen bei ihm zuhause eingeladen. Vor zwei Jahren wurde er Pastor in Letiguda und den benachbarten Dörfern und hat seit dem sehr viel bewegen können. Zum Beispiel hat eine Pfadfindergruppe gegründet, nachdem er eine in Deutschland kennengelernt hat,  bei der alle Jugendlichen des Dorfes mitmachen. In dieser Gruppe lernen sie ihre Umgebung kennen und lernen einiges über aktuelle Themen, wie Klimawandel und Naturschutz. Jeden Sonntag gibt es außerdem noch eine freiwillige Sonntagsschule und täglich Nachhilfeunterricht. Regelmäßig pflanzen die Jugendlichen Bäume und legen eigene Gärten mit Obst und Gemüse auf dem Gelände der Kirche an. Kurz bevor es dunkel wurde machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch das Dorf und über das Kirchengelände. Um einen kleinen Blick auf den Friedhof zu werfen mussten wir etwas aus dem Dorf gehen, da dieser auf der anderen Uferseite eines kleinen Flusses liegt, damit keine Geister von dort ins Dorf gelangen. Auf dem Weg dorthin sahen wir dann plötzlich, wovon uns schon die ganze Zeit erzählt wurde und was wir eigentlich nicht zu hoffen gewagt hatten. Auf der anderen Seite vom Fluss oben auf dem nächsten Hügel wanderten drei Elefanten. Ein kleiner und zwei sehr große. Diese Gruppe von insgesamt neun Elefanten tyrannisiert schon seit einigen Tagen die Gegend um Letiguda und in der Nacht vor unserem Tag hatten sie mal wieder das Dorf besucht und es war noch viel von der Verwüstung zu erkennen. Umgeknickte Bananenbäume, kaputte Häuser und Reste von den Feuerbarrikaden, mit denen die Einwohner versucht hatten die Gruppe aufzuhalten. Das ganze Dorf war die Nacht über wach, um die Elefanten mit Trommeln, Feuer und Stöckern fernzuhalten, was jedoch nicht viel gebracht hat. Der Erzählung nach soll einer der Elefanten die Wasserpumpe benutzt haben, um an Wasser zu kommen, mit dem er dann die Feuer löschte. Dann soll die Gruppe zielstrebig auf das Haus zugegangen sein, in dem am meisten Reis gelagert war. Einer riss das Haus nieder und die Gruppe fing an zu essen. Anschließend sollen sie ohne großen Kommentar still und friedlich abgezogen sein. Eigentlich wurden in Orissa und in gerade dieser Gegend schon lange keine Elefanten mehr gesehen, jedoch muss es diese Gruppe auf der Suche nach Futter bis hier in die Berge verschlagen haben, was mir gestern den ersten Kontakt mit wilden Elefanten beschert hat und es war wirklich ein Imposanter Anblick, als die Gruppe auf die Spitze des Hügels zog. Ich hoffe nur, dass sie letzte Nacht nicht auf der falschen Seite vom Hügel runter kamen, sondern das Dorf in Ruhe ließen. Das werde ich jedoch sicher die nächsten Tage erfahren und natürlich berichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen