Das Dorf
Das Dorf, in dem ich vom 15. Bis zum 21. 10. eine Woche verbracht habe nennt sich Kondh Pungar. Es liegt in den Bergen in der Nähe der kleinen Marktstadt Kunduli, ungefähr 3 Kilometer von der Hauptstraße entfernt und besteht aus 20 Familien und ca. 100 Einwohnern. Die Häuser wurden in zwei Reihen Wand an Wand gebaut und zwischen diesen Reihen befindet sich ein langer gepflasterter Platz mit einem kleinen Kanal in der Mitte. Dieser Kanal geht von einem Teich oberhalb des Dorfes durch das Dorf und auf der anderen Seite wieder hinaus. An vielen Stellen zweigen Arme in die Felder ab, um diese zu bewässern. In Norden, Osten und Süden ist das Dorf mit Bergen umgeben und nur im Westen führt eine Straße aus dem Dorf durch die Felder über einige Hügel an einem großen Internat vorbei zur Hauptstraße, die in der einen Richtung nach Semiliguda und in der anderen Richtung nach Kunduli geht.
Hinter den Häusern befinden sich in kleinen Ställen die Kühe, Ziegen und Hühner. Die Kühe werden nicht für Milch sondern fast nur für die Feldarbeit benutzt und befinden sich ansonsten tagsüber in den Hügeln um das Dorf herum. Die Hühner und halbwilden Hunde laufen den ganzen Tag durchs Dorf, ohne dass irgendwie zu erkennen wäre zu wem sie gehören und wie sie immer wieder abends zurück kommen.
Blick auf die Felder vom Dorf (morgens) |
Blick während des Feuerholz sammelns |
Die Unterkunft
Geschlafen habe ich eine Woche im sogenannten Community Center, einem kleinen Raum am Ende des Dorfes. Dort schlief ich auf dem Boden zusammen mit mehreren Jugendlichen aus dem Dorf, die mich dort nie hätten alleine schlafen lassen und sich extra vor die Tür gelegt haben, während ich im sicheren hinteren Teil des Raumes schlafen durfte. Obwohl es tagsüber bis zu 35°C heiß war, musste ich trotzdem mit Strümpfen, langer Hose, Pullover und doppelter Decke schlafen, da es über Nacht auf nur 2°C abkühlte und es keinen Unterschied zwischen der Temperatur drinnen und der Temperatur draußen gab.
Die Toilette befand sich etwas außerhalb, hinter einem Haus, welches noch im Bau war und war nur für Besucher, da ansonsten jedes Haus ein eigenes Klo im kleinen Hinterhof hatte. Die Toilette war eigentlich Klo und Dusche in einem. Zum einen ein Loch im Boden und zum anderen ein Wasserhahn an der Wand.
Die Toilette befand sich etwas außerhalb, hinter einem Haus, welches noch im Bau war und war nur für Besucher, da ansonsten jedes Haus ein eigenes Klo im kleinen Hinterhof hatte. Die Toilette war eigentlich Klo und Dusche in einem. Zum einen ein Loch im Boden und zum anderen ein Wasserhahn an der Wand.
Essen bekam ich von der Familie des Dorfführers. Mal hat seine Frau gekocht, mal der Sohn Suri und mal Lenin (ein Student aus Chennai, der auch bei WIDA zu besuch ist), Mohan (der WIDA Mitarbeiter, der teilweise auch in Kondh Pungar lebt) und ich. Zum Frühstück gab es Reis mit Dal (eine Linsensoße, die fast immer zu Reis gegessen wird) und gekochtes Gemüse. Zum Mittag gab es das selbe wie zum Frühstück, da vormittags alle auf dem Feld, in den Bergen oder an der Straße arbeiten und daher morgens schon für den Mittag mit kochen. Abends gibt es dann wieder Reis mit Dal oder Samba (ähnlich wie Dal nur dünnflüssiger und mit mehr Gemüse) und gekochtem Gemüse. Also drei Mal warm, was hier ziemlich normal ist und da die Arbeit auf dem Feld sehr anstrengend ist gibt es immer reichlich, vor allem morgens. Zwei Tage nach meiner Ankunft wurde auf dem Nachbardorf eine Kuh geschlachtet, wo die Jungs mich mit hin nahmen. Abends gab es dann also als großes Festessen Kuh und hierzu wurde wirklich alles gegessen, was eine Kuh so hergibt. Also vom normalen Fleisch über die Zunge, Herz, Leber, Haut bis zum Gehirn. Wahrscheinlich denken jetzt einige, dass „der Inder“ doch gar keine Kuh essen darf. Die Adivasi sind jedoch oft keine Hindus, sondern praktizieren ihre eigenen Naturreligionen, welche sich über Jahrhunderte in ihren Dörfern entwickelt haben. Einige wurden Christen, einige Hindus und die meisten blieben bei ihrer alten Religion und übernehmen wenn überhaupt nur einige Dinge, die ihnen gefallen von anderen Religionen.
Einige Tage später wurde in der Nähe des Dorfes dann ein Wildschwein gefunden, welches ebenfalls gerecht unter allen Familien verteilt wurde und ebenfalls sehr lecker zubereitet und vollständig verspeist wurde.
Mein Tagesablauf
Eigentlich habe ich die Woche über so ziemlich das gemacht, was die Leute, mit denen ich gelebt habe, gemacht haben und weil es so heiß und anstrengend war tagsüber, konnte ich nachts immer herrlich schlafen.
Die meisten standen morgens immer noch vor Sonnenaufgang auf, also gegen 5 Uhr. Am Anfang bin ich noch mit aufgestanden. jedoch wurde es die Woche über immer später, da die Jugendlich, die im selben Zimmer schliefen auch nicht viel vom frühen aufstehen der Erwachsenen hielten. Viele saßen dann erst mal vor ihren Häusern um kleine Feuer herum, um sich zu wärmen, bis es hell genug war um mit der ersten Arbeit zu beginnen. Zwischen 7 und 8 Uhr gab es eine Tasse Chai. Chai ist schwarzer Tee, nur dass statt Wasser Milch benutzt wird und je nach Geschmack auch noch Gewürze, wie zum Beispiel Ingwer und Kardamon. Dann wurde das Frühstück zubereitet und zwischen 9 und 10 Uhr gegessen. Zwischen aufstehen und frühstücken, gingen viele schon auf die Felder, um die kühle Morgenluft zu nutzen. Dann wurde wieder bis zum Mittagessen gearbeitet, während die Temperatur gnadenlos anstieg. Nach dem Mittagessen ging es wieder an die Arbeit, wobei jedoch einige wegen der hohen Temperatur eine kleine Pause gemacht haben. Gearbeitet wurde dann bis es dunkel wurde, also bis ungefähr 6 Uhr. Danach bildeten sich wieder kleine Gruppen um die Lagerfeuer und es wurde sehr viel geredet und gesungen, nur dass ich leider nicht so viel verstanden habe. Im ganzen Dorf gab es nur einen Mann, der etwas gebrochenes Englisch konnte und ich kann leider noch weniger Kuwi (die Sprache, die von den meisten Adivasi gesprochen wird) und auch noch nicht so viel Oriya (die Sprache, die in Orissa gesprochen wird), dass ich die langen Lieder verstehen könnte. Zwischen 9 und 10 Uhr gingen dann die meisten wieder ins Bett.
Tagsüber habe ich verschiedene Leute bei ihrer Arbeit begleitet und so gut es ging mitgearbeitet. Ich ging mit einer Gruppe Mädchen in den Bergen Feuerholz holen, habe einen Hirten begleitet und so gut es ging beim Pflügen geholfen. Als ich dort war hatte es schon seit über zwei Wochen nicht mehr geregnet. Daher musste ich mit mehreren Jugendlichen die eine Wasserpumpe, die das Dorf hat, von Teich zu Teich tragen, um die Felder zu bewässern. Mohan sagte mir am Tag bevor ich das Dorf wieder verlassen musste, dass die Regierung kurz davor war Dürre auszurufen, für diese Region und das machen sie wirklich erst, wenn es wirklich schlimm ist, da sie dann die Bauern unterstützen müssen. Zum Glück hat das Dorf über die ganzen Felder verteilt kleine Teiche angelegt, von denen sie Wasser abpumpen können. Außerdem wird zurzeit eine Straße von der Hauptstraße bis nach Kondh Pungar gebaut, an der die Dorfbewohner selber arbeiten. Dafür bekommen sie 90 Rs pro Tag, was umgerechnet ungefähr 1,40 € sind. Ich selber habe kurz den Zement, der von einem Jugendlichen an gemischt wurde in Schüsseln geschaufelt, die die Frauen dann auf ihren Köpfen dorthin balancierten, wo eine kleine Mauer zur Abgrenzung der Bewässerungsgräben gebaut wurde. Den ganzen Tag über wurde der extrem schwere Zement geschleppt, wobei einige Mädchen nicht älter als 14 Jahre alt waren.
Nach getaner Arbeit wurde ich dann von einigen Jugendlichen ins Nachbardorf mitgenommen, um mit ihnen eine Runde Reisbier zu trinken und zu entspannen.
Ansonsten habe ich viel mit den Kindern gespielt, die während die Leute ab 14 Jahren auf den Feldern gearbeitet haben gegenseitig auf sich aufgepasst haben. Oft müssen Mädchen, die in Deutschland nicht einmal in der Grundschule wären auf ihre kleinen Geschwister aufpassen und tragen sie überall mit hin. Außerdem habe ich spontan einer Gruppe Mädchen Fahrradfahren beigebracht, was jedoch recht schwer war, da es im ganzen Dorf nur Fahrräder für Erwachsene gab.
Diese Woche war bis jetzt hier in Indien das intensivste Erlebnis. Ohne Dusche, Toilette und sauberes Wasser ist das Leben doch sehr anders, jedoch nicht unbedingt schwieriger, wenn man sich darauf einlässt. Die Menschen auf den Dörfern sind alle sehr herzlich und nett und obwohl sie selber fast nichts haben, kommt es einem als Besucher immer so vor, als würde es einem an nichts fehlen.
Pflügen der Felder |
Der Hirte Suri |
Diese Woche war bis jetzt hier in Indien das intensivste Erlebnis. Ohne Dusche, Toilette und sauberes Wasser ist das Leben doch sehr anders, jedoch nicht unbedingt schwieriger, wenn man sich darauf einlässt. Die Menschen auf den Dörfern sind alle sehr herzlich und nett und obwohl sie selber fast nichts haben, kommt es einem als Besucher immer so vor, als würde es einem an nichts fehlen.
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